Es ist nicht so, als wäre ich besonders hässlich oder so, aber ich habe einfach keine Zeit für einen. Außerdem war ich noch nie verliebt. Nicht zu erwähnen, dass auch noch nie Jemand in mich verliebt war. wie jedes kleine Mädchen hatte ich damals davon geträumt, meinen Paps zu heiraten und ihn öfters ermahnt auf mich zu warten, damit er nicht vor mir starb. Er allerdings hatte entweder gesagt, ich solle weiter träumen wenn mein Zimmer aufgeräumt sei, oder riet mir, mich lieber nach anderen Jungs umzuschauen, damit er mich nicht bei einer dieser Vermittlungstalkshows anmelden müsse.
Seitdem sind wir uns einig, dass wir Beide in keiner dieser Shows landen wollen. Irgendwie bin ich froh, dass Paps nicht mehr daran denkt, Jemand neues kennen zu lernen. Es waren immer Paps und ich. Da ist einfach kein Platz für eine Frau. Und da ist auch kein Platz für einen Freund, denn ich habe nicht die geringste Ahnung wie mein alter Herr zurecht kommen soll, wenn ich erstmal weg bin.
Ich seufze noch einmal und nippe an meinem Kaffee. Ich fühle, wie mein Bauch sich aufwärmt und schmecke den herben Geschmack des Getränks. Warm und sonnig.
Im Schaufenster der Buchhandlung entdecke ich bereits neue Titel als die letzter Woche, unter anderem von meinen Lieblingsautoren. Seit ich sieben war und die ersten richtigen Bücher las, war ich obsessiv an diese gebunden, sehr zum Leidwesen meines Umfelds. wo ich war, lag meist die schwere Aura eines Bücherwurms, der in seine eigenen Welten abdriftete und im Traumzustand gerne gegen Türen lief. Es wundert mich also nicht, dass ich heute direkt in eine Person reinlaufe, die sich unschuldig ihren Weg durch die Stadt sucht.
"Tut mir leid!", stottere ich meine Entschuldigung peinlich berührt und wende mich ab, um meine beim Stoß herunter gefallenen Sachen aufzuheben. Im Schaufenster begegne ich meinem eigenen Spiegelbild und erschrecke: vom Wind zerzauste rote Hexenlocken, Augen wie schwarze Kohlen, blass wie ein Vampir und eine schief liegende Brille. Kurzerhand gabele ich Buch, Unterlagen und Umhängetasche auf, danke Gott, dass ich das Getränk nicht verschüttet habe, und sehe der Person das erste Mal ins Gesicht.
Vor mir steht ein ungefähr 1,81 Meter großer Fremder und lächelt mir freundlich ins Gesicht, so blendend, dass ich angst habe zu erblinden.
"Macht überhaupt nichts, ich bin doch in dich reingelaufen. Außerdem macht man Frauen keine Schuldgefühle!" Nicht der! Das denke ich zumindest, als mein Klassenkamerad Eve vor mir steht und mich behandelt wie jedes schöne Mädchen. Vielleicht, überlege ich, ist heute einfach nicht mein Tag.
Eve schenkt mir einen verwunderten Blick, der sich in Missbilligung verwandelt und zieht eine Grimasse. "Du bist es nur, Yara."
Genau. Ich bin es nur.
Ich hasse diesen Blick. Abscheu, Missbilligung, Hass und das Schlimmste: Mitleid. Eve ist nicht schnell genug, um es zu verstecken. Ich habe es längst gesehen. Umklammere den Henkel meiner Tasche und renne los, egal wie viele Leute ich umhaue. Denn heute ist einfach nicht mein Tag.