RE: Zimmer 7 } Jiro - 5

Jiro
Ich zuckte nur mit den Schultern. "Davon habe ich schon genug, da machen ein paar kleine an den Handknöcheln nichts mehr aus", erwiderte ich nur gelassen, während ich die Corflakes aß. Eigentlich auch ein schnelles Frühstück, dennoch bevorzugt ich wohl das Brot mit der Nutella oder dem Rührei. War aber wirklich nicht schlecht, ehrlich nicht.
"Cornflakes zu machen, würde ich nicht wirklich kochen nennen", erwiderte ich schmunzelnd. "Wenn du möchtest, kann ich dir auch gerne mal etwas kochen, ich bin recht gut darin. Kannst dir wünschen was du willst", bot ich ihr dann an. Immerhin musste ich mich ja irgendwie revanchieren und sei es nur durch ein bisschen kochen.

Shinichi

"Aber man muss die Anzahl ja nicht unnötig steigern, oder?" Das meinte ich ernst. Natürlich hatte er Narben. Aber sich deswegen vollkommen rücksichtslos dem eigenen Körper gegenüber verhalten wäre das falsche.
"Lass mir meinen Stolz", erwiderte ich, "Und du hättest das besser nicht vorgeschlagen. Ich werde dich für ein super tolles Gängemenu beanspruchen, weißt du?"

Jiro
"Natürlich muss man das nicht, aber das waren ja keine schlimmen Verletzungen, die Narben würden nach einer Weile verblassen", meinte ich und war froh darüber, dass manche Narben das taten. Am Rücken hatte ich die schlimmste, aber die war Shinichi vorhin zum Glück nicht aufgefallen.
"Du bist stolz auf eine Schüssel mit Cornflakes?", entgegnete ich belustigt und musste mich zusammenreißen, um nicht zu lachen. Ich war mir nicht sicher, ob sie das ernst meinte, aber wenn ja, dann würde ich mir von ihr nichts kochen lassen. "Nun gut, ich nehme an, es ist zu spät um diesen Vorschlag zurückzunehmen? Was wünscht die Dame denn zu speisen?"

Shinichi

"Falsch. Ich in stolz darauf, etwas 'gekocht' zu haben, dass dir schmeckt", konterte ich und stellte dann heißes Wasser an, um mir selbst einen Tee zu machen.
"Ich bin auch gleich wieder weg. Du kannst mir ein andernmal das Gängemenu kochen" Schließlich wollte ich ihm nicht gleich auf die Nerven gehen.

Jiro
Darauf wusste ich jetzt nichts zu erwidern, weswegen ich schwieg und die letzten Löffel von den Cornflakes aufaß. Die Schüssel stellte ich dann auf die kleine Kommode und sah Shinichi dabei zu, wie sie sich eine Tasse Tee machte.
"Hast du denn noch etwas vor? Ich hatte dich nicht aufhalten wollen", meinte ich dann und rieb mir leicht über meine verletzte Hand. Im Endeffekt war ich es dann ja gewesen, der das Gespräch auf diese Bahnen gebracht hatte. Hoffentlich hatte sie nichts Wichtiges vor. "Aber wahrscheinlich werde ich mit dem Kochen sowieso bis morgen warten müssen, wegen dem Verband", fügte ich noch an und hob meine Hand, bei der ich kaum die Finger bewegen konnte.

Shinichi

"Klar", erwiderte ich nüchtern und rührte mit einem Löffel in der Tasse, "Da gibt es noch diese anderen drei Kerle, die sich die Hand an ihrer Zimmerwand aufschlagen und denen ich schwören muss, dass ich sie niemals mehr verlassen werde. Außerdem treffe ich mich noch mit einem Schüler, den ich auf der vorherigen Halloweenparty kennen gelernt habe. Du weißt doch, die Konkurrenz schläft nie, da muss man bei dem zugreifen, was man kriegen kann."
Mit den Bedenken es zu weit getrieben zu haben, fügte ich hinzu: "Und da ist auch noch der triviale grund, dass morgen Weihnachten ist und ich noch schnell ein paar Geschenke besorgen muss, aber das ist natürlich nebensächlich."

Jiro
Bei Shinichis Antwort zuckten meine Mundwinkel leicht und ein Lachen konnte ich mir kaum verkneifen. Sie hatte ja wirklich einen bezaubernden Humor, ein Glück, dass ich nicht alles gleich ernst nahm. "Dann will ich aber hoffen, dass ich der Erste war, der sich die Hand aufgeschlagen hatte. Ich bin eigentlich jemand mit sehr originellen Ideen", konterte ich, schnalzte bei der Sache mit dem Schüler aber abfällig mit der Zunge. "Und du hast in einem mir unbemerkten Moment doch mit einem Schüler rumgemacht? Schande über dich, wie hatte ich mich nur erbarmen können, dich in dein Zimmer zu tragen", fuhr ich den kleinen Scherz fort.
Bis die richtige Erklärung kam. "Weihnachtsgeschenke... kaufst du welche für die Schüler, oder für wen sonst?", wollte ich neugierig wissen. Ich hatte seit Hanas Tod kein Weihnachten mehr gefeiert und den Kontakt zu meiner Familie hatte ich auch abgebrochen - aus mehrerlei Gründen.

Shinichi

Ich grinste bei seiner Antwort und war irgendwie froh, dass er den Witz fortführte. "Genau genommen ist die Masche schon steinalt, weißt du. Überall hagelt es von aufgeschlagenen Händen. Ich fürchte, du musst dich in Zukunft mehr anstrengen um in die Gunst meiner Aufmerksamkeit zu kommen."
Auf seine Frage hin warf ich dann theatralisch die Hände in die Luft, wurde aber zur Verräterin meines eigenes Geschlechts als mir die Röte ins Gesicht stieg. "Tja, ich fürchte die Scharade ist vorbei. Du hast es erraten: Ich wollte dir eine Packung Verbandszeug kaufen."
Eigentlich hatte ich immer Plätzchen für die Schüler gebacken und einen Adventskranz oder sogar eine kleine Tanne in die Klasse verfrachtet, aber dieses Jahr stand noch eine Person mehr auf meiner Liste. Die erste Person, der ich, seit Taichi nicht mehr hier war, ein Weihnachtsgeschenk machen würde.

Jiro
"Das ist aber jammerschade... dann müsste ich ja zu drastischeren Mitteln greifen, um das zu erreichen", witzelte ich und überlegte sogar wirklich, was da in Frage kommen könnte. Theorethisch könnte ich vom Schuldach springen, mir würde das nicht viel ausmachen, aber das wäre wohl zu übertrieben. In solchen Situationen dachte man gerne nicht daran, dass ich ein Dämon war und damit mehr als gut klarkam.
Als Shinichi bei meiner Frage bezüglich dem Geschenk rot wurde, schmnuzelte ich leicht, beschloss aber nicht so gemein zu sein sie aufzuziehen. Oder vielleicht doch ein kleines bisschen. "Mehr als eine Packung Verbandszeug hab ich nicht verdient?"
Aber wenn sie mir etwas schenkte, dann müsste ich ihr auch ein Geschenk besorgen. Dabei wusste ich doch gar nicht, was ihr gefiel. Aber... vielleicht musste ich ihr ja auch gar nichts kaufen.

Shinichi

"Die Gunst einer Frau ist eben etwas kostspieliges", lehrte ich ihn schmunzelnd und nahm die Hände aus der Luft.
Ich hatte eine Idee, was ich Jiro schenken würde, aber es war nicht wirklich einfach zu bekommen. Bei seinem Versuch mich zu ärgern entgegnete ich in Panik: "Bild dir bloß nix ein. Eigentlich ist das Geschenk für Taichi, da ich ihm jedes Weihnachten seine Lieblingsblumen ans Grab lege, weißt du?
Also..schön weiterackern, nächstes Mal ist dann die andere Hand dran, dann bekommst du nächstes Mal auch ein Päckchen von mir ~"

Jiro
"Das heißt also, ich muss meine Hand nicht nur gegen eine Wand schlagen, sondern sie brechen? Ein Knochenbruch wäre immerhin auch kostspielig...", erwiderte ich und stützte mein Kinn auf meiner unverletzten Hand ab. Als sie dann ihren Ex-Mann wieder erwähnte, vor allem die Sache mit dem Grab, schwieg ich kurz. Ich hatte gedacht, er hatte sie einfach verlassen und wäre nicht gestorben... wie unsensibel von mir. "Dann werde ich meine Erwartungen natürlich zurückschrauben", kam ich ihr entgegen und schimpfte innerlich schon mit mir, dass ich Shinichi damit aufgezogen hatte.
Bei dem Scherz mit meiner Hand schmunzelte ich nur und wackelte leicht mit den Fingern. "Wenn ich meine Hand für ein Päckchen noch einmal verletzen muss, verzichte ich lieber, Schmerzen vermeide ich doch gerne."

Shinichi

"Jetzt bist du auf der richtigen Spur", lachte ich, verstummte aber schnell wieder, als er das typische Gesicht machte, dass Jeder eben machte, wenn ich Taichis Grab erwähnte. Sicher, irgendwie war es mein Fehler, ihn überhaupt da mit reinzuziehen. Trotzdem hasste ich es, wenn ich bemitleidet wurde oder schlimmer, wenn mit mir umgegangen wurde, als wäre ich immer noch das kleine sensible Mädchen von damals, dass ihm wochenlang hinterher geweint hatte, als er mich verlassen hatte. Als wäre ich unfähig, auf mich selbst aufzupassen. "Weißt du, das ganze ist schon lange her. Und er ist mir nicht 'davon gestorben', sondern erst viele Jahre nachdem wir uns getrennt haben. Also mach nicht so ein Gesicht. Es ist nicht so, als würde ich ihm immer noch hinterher trauern. Ich bin darüber hinweg. Es ist nur meine Art, ihm Danke zu sagen und meinen Respekt zu zeigen."
Bei Jiros Antwort hinaus verzog ich amüsiert das Gesicht. "Eine weise Einstellung, mein Freund!"

Jiro
Nach ihrer kleinen Rüge zuckte ich hilflos mit den Schultern und lächelte entschuldigend. "Verzeih, ich muss erst wieder lernen auf diese Weise mit anderen zusammen zu sein", entschuldigte ich mich und senkte beschämt meinen Kopf. "Ich wollte dich nicht bemitleiden, aber wie ich sonst reagieren sollte, wusste ich auch nicht..." Ich stand von meinem Bett auf und streckte mich. Mittlerweile hatte ich mich ja genug auf dem Bett herumgelümmelt.
"Nun ja, ich habe eben genug Erfahrung, um weise zu sein", ewiderte ich und ließ das vorige Thema einfach wieder fallen. Es hatte ja nun auch keinen Sinn, darüber zu reden, vergangenes war vergangen. Auch wenn ich mich noch schwer damit tat.
"Wann willst du eigentlich einkaufen?"

Shinichi

Wie auch er ließ ich das Thema Taichi fallen und setzte erschrocken meine leere Teetasse ab.
"Eehm.... jetzt. Ich brauche schon wieder viel zu lange. Tut mir leid... Wie gesagt, ich schaue vielleicht später nochmal vorbei!"
Gehetzt winkte ich zum Abschied, bis ich merkte, wie idiotisch ich aussehen musste und schloss dann ohne Umschweife die Tür hinter mir.
Gegen die Flurwand gelehnt atmete ich aus und merkte erst dann, dass ich sie angehalten hatte.

Jiro
Als sie auf einmal erschrak und mir dann sogar winkte, musste ich ein Lachen unterdrücken und als sie dann aus meinem Zimmer hetzte, konnte ich es einfach nicht mehr zurückhalten. Lauthals fing ich an zu lachen und ließ mich auf den Stuhl fallen. Nach einem kurzen Moment ebbte mein Lachanfall jedoch ab und ich starrte an die Wand. Bevor ich mich dann morgen an das Geschenk für Shinichi machte - ein gutes Essen wollte geplant sein - würde ich wohl noch einen kleinen Abstecher machen. Wie lange ich schon nicht mehr dort war.
Mit meiner Hand fuhr ich über meinen Nacken und ließ die Schultern kreisen. Ich ging nicht gerne dorthin, nicht gerne an ihr Grab. Aber an ihrem Geburtstag, an Feiertagen und an ihrem Todestag ging ich immer dorthin. Das war ich ihr schuldig.